Chris   Mennel
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Kuratoren, Juries, Gremien, Urheberverwalter: Arbeit im Morast

Zunächst einmal wusste ich beinahe noch in meine Berufung zum Kurator 2008 hinein nicht, was denn ein Kurator bitte ist. So war es mir ja schon mal mit "Casting" gegangen, also ich wurde als Fernseh-Moderator gecastet und fragte mich leise: Was bitte machen die hier gerade um mich herum (sie casteten mich. Für zwei Jahre bekam ich den Job.)?.

Einer meiner Nebenbeschäftigungen seit 1996 sind Jobs als VJ und DJ. Soeben fällt mir auf, dass ein DJ demnach ein Musik-Kurator ist. Er sortiert aus der Übermasse der Musik-Angebote Passendes.

Ich war dann auch 2010/2011 "Spielfilm-Kurator", indem ich aus vorgegebenen Spielfilmen passende Szenen für einen 3- bis 8-Minuten-Ausschnitt zusammenstellte, zu dem dann das Orchester der Universität Stuttgart musizierte.

Beim Umschneiden von Filmen anderer Produzenten traf ich auf eine hahnebüchene Umständlichkeit und Unangemessenheit, wie Rechteverwalter damit umgehen. Auch auf den DJ, der dann einen Musik-Mix veröffentlicht, warten dermaßen Fallstricke und Umstände, dass ich als DJ einen engen Rahmen zu wahren beabsichtige. Das Arbeiten mit Fremdmaterial ist aufgrund der Rechteverwalter - nicht durch die Urheber im Internetzeitalter - zu einem Zirkus aus Masochisten (die kreativ Fremdmaterial nutzen) und Sadisten (Rechtsanwälte, Richter, Gesetzgeber) geworden. Nein danke.

Neben DJ und Film-Kurator war ich ja dann noch drittens Kurator des Media Space 2009 in Stuttgart - und beschloss dann, dass Kuratieren nicht mein Job sei: Ich hatte erstmals Mitkuratoren und war nicht einverstanden mit der Vorgehensweise und dem Larifari derer, die sich im neuen Jahrtausend "Kurator" nennen. Fort vom raren klassischen Kuratieren erlebte ich, wie diese aktuellen Beauftragten für Filtern und Strukturieren eines Inhalts stehenblieben auf der Stufe des Daraufdeutens statt Durchdringens
der Angebote.

Von links nach rechts: Die Barfrau, die Pressefrau, die Kuratorin und der Künstler 2010 ... in einer Ausstellung rumstehen und Kunst betreuen... nett irgendwie, aber nur selten mein Fahrwasser. Foto von Loria Kober

Insgesamt habe ich als Kurator nur den Fuß ins Wasser getaucht. Ich mag eigentlich auch in keiner Jury sitzen - "dreimal reicht" - und in keinem Entscheidergremium über Kulturinhalte - "das kommunale Kino Stuttgart läuft ohne mich".

Intern gehen meine Abneigungen noch weiter. Ich komme nicht klar mit dem, was ferne Rechteverwalter mit meinen Inhalten anfangen. Die GEMA ist ein beispielhaftes unmögliches Konstrukt. Sie hat alles unternommen, um U-Musiker - abgestempelt als Unterhaltungsmusiker, und darin trifft es die kleinen Komponisten, den Underground - von ihren Einnahmen fernzuhalten, und um andererseits Kleinveranstalter mit Abgaben zu erdrosseln. Ich möchte an diesem Verein nicht beteiligt sein. Er benimmt sich wie die Regierung. Er hat den Vorstoß der EU abgemurkst, dass andere Rechteverwalter in Deutschland einen vergleichbaren Service wie die GEMA anbieten.

Ich möchte imstande sein, Verträge zu meiden. Vertraglich möchte ich mich wenig mit den Institutionen um mich herum verknüpfen. Auch scheinbar attraktive Angebote - ich nenne sie mal "us-amerikanisch" - erscheinen mir nach ersten Mehreinnahmen als langwirkende Schadprogramme. Stressfreiheit, Freiheit von Fremdansprüchen, Entscheidungskompetenz: Die versuche  ich durch den Abschluss von so wenig Verträgen wie möglich zu wahren.